Als ich heute Morgen mit einem Anwalt telefoniert hatte, um mich nach dem Sachstand einer Sache zu erkundigen, teilte mir dieser mit, dass er wegen seinem Bandscheibenvorfall gerade etwas in Verzug sei. Verständnisvoll entgegnete ich, dass ich dafür Verständnis habe, da ich selbst schon von einem solchen geplagt war.
Und? Was haben sie dagegen getan?
fragte er mich schließlich, nachdem wir eigentlich schon auflegen wollten. Ich kenne den Mann eigentlich noch garnicht, habe ihn noch nie gesehen, und hatte vor zwei Monaten nur ein mal kurz mit ihm telefoniert.
Während ich mit ihm sprach, wurde mir ein mal mehr bewusst wie die letzten zweieinhalb Jahre mit meinem Bandscheibenvorfall verlaufen waren, und dass die Beschwerden seit geraumer Zeit wirklich fast vollständig verschwunden sind, ohne dass ich wirklich irgend etwas dagegen bzw. dafür getan habe.
Bei einem kleinen Sprung von einem Fensterbankabsatz in der Hocke auf den Fussboden hatte es mir in den Rücken geschossen. „Fuck! Nicht schon wieder!“ dachte ich. Ich war gerade erst vor einer Woche wegen einem verdrehten Nerv bei einer Physiotherapeutin gewesen. Die Dame konnte mir sehr erfolgreich mit einem Handgriff mit meinen schwerwiegenden Rückenschmerzen helfen und die unerträglich starken Schmerzen waren danach fast weg. Aufgrund der gereizten Nerven und Muskulatur blieb aber ein kleiner Restschmerz, der langsam schwächer wurde – bis zu dem kleinen Sprung von der Fensterbank. Ich wollte wieder zu der Dame mit den Zauberhänden, aber es gab keinen freien Termin mehr diese Woche, also besuchte ich am nächsten Tag einen Heilpraktiker und Osteopathen, bei dem ich in der Vergangenheit schon mal gewesen war mit dem ich eine sehr gute Erfahrung gemacht hatte. Er hatte mir mit einer einzigen Massage vor ein paar Jahren extremst gut geholfen und meine Schmerzen fast vollständig beseitigt.
Dieses mal verlief die Behandlung jedoch etwas anders. Auf dem Fussweg zur unweit entfernten Praxis verspürte ich beim gehen Schmerzen im unteren Rücken, der in das Linke Bein zog und dort beim gehen fast eine Art Taubheit auslöste. Gehen war eine Herausforderung! Der äußert gut ausgebildete Osteophat massierte intensiv eine Muskelende, dass unterhalb des Beckens vom Po aus erreichbar ist, und traf damit die Ursache meiner Verspannung quasi genau auf den Kopf! Schon beim Bewegen auf der Liege spürte ich, dass die Schmerzen stark nach gelassen hatten, aber es verblieb ein unangenhmer Schmerz, den ich nicht genauer lokaliseren konnte als „genau in der Mitte meines Körpers irgend wie“.
Tja, das was da jetzt noch übrig ist kann ich Ihnen leider nicht weg massieren, das sieht nach einem Bandscheibenvorfall aus!
Oha! Was kann man dagegen tun?
fragte ich. Eine Untersuchung könnte ich machen, und operieren würde man nur wenn gar nichts mehr geht und Extremitäten taub werden würden. Mit dieser Information lief ich zurück nach Hause – Laufen war zum Glück wieder einigermaßen normal möglich, weitestgehend ohne eine besondere Schonhaltung.
In den ersten Wochen konnte ich ohne Schmerzen nicht liegen, nicht Sitzen und auch nicht stehen. Nach einigen Monaten wurden die Schmerzn nach und nach weniger. Immer wieder überlegte ich in der Zeit, ob ich eine Behandlung durchführen sollte. Physiotherapie/Ergotherapie? Ich hatte mir Videos im Internet angeschaut, und versucht täglich ein paar empfohlene Übungen zu machen, aber nie konsequent über einen längeren Zeitraum, der länger als eine Woche angedauert hätte. Ich hatte mir eine Yoga-Matte gekauft und gelegentlich ein paar Yoga-Übungen gemacht, aber auch hier fehlte mir die Disziplin für eine dauerhafte tägliche Umsetzung in der Praxis. Für einen Gang zum Ergotherapeuthen war ich als Privatversicherter mit Selbstbeteiligung bzw. mit der Kosequenz, dass die Beitragsrückerstattungen entfallen würden, wenn ich eine Rechnung einreiche, nicht nur zu Faul, sondern auch zu geizig. Das was die da machen, kann man doch auch mit YouTube-Videos machen. Die Schmerzen waren nach einigen Wochen auch nicht mehr so groß, dass ich im Alltag besonders eingeschränkt war. Schmerzen beim Schlafen wurden von Monat zu Monat weniger. Auch das sporadisch auftretende Ziehen ins Bein beim Gehen wurde nach und nach immer weniger. Beim nach vorn überbeugen spürte ich starke Schmerzen – falsches Heben oder selbst nur das eigene Körpergewicht wieder nach oben zu befördern war mit starken Schmerzen verbunden, auch noch nach ca. einem Jahr, vielleicht auch nach 1,5 Jahren. Aber auch dieses Symptom wurde nach und nach weniger. Freudig stellte ich irgendwann fest: Hey, Du hast ja eigentlich gar keine Schmerzen mehr beim schlafen! Cool! In der Zwischenzeit hatte ich immer und immer wieder in Erwägung gezogen, doch noch mal zu einem Arzt zu gehen, weil das Problem schon so lange bestand, und es auch manchmal wieder schlimmer wurde. Irgendwo hatte ich dann gelesen, dass so ein Bandscheibenvorfall zur Heilung einfach Zeit braucht und bei manchen Leuten 2 Jahre gebraucht hatte, bis er weg war. Das motivierte mich, die Sache einfach weiter aus zu sitzen. Mein Vater machte mir noch Angst, und meinte, er würde einen Freund kennen, der wegen eines nicht untersuchten Bandscheibenproblems gestorben sei oder irgendwelche anderen gravieren Probleme davon getragen hätte, ich solle doch unbedingt das in der Radiologie untersuchen lassen. Eine Freundin, die als Radiologie-Assistenz arbeitet, sagte, es wäre quatsch das zu untersuchen, man könne eh nichts anderes machen als Physio/Ergo-Therapie – so lang nichts taub wäre. Ich ersparte mir also den Gang zur Radiologie. Ein Freund, der Anfang 20 ist, also etwa 20 Jahre jünger als ich, und schon den zweiten Bandscheibenvorfall hatte, betonte mehrfach, ich solle doch mit ihm ins Fitness-Studio gehen, da wäre das bei ihm ganz schnell weg gegangen. Auch dazu fehlte mir die Motivation, ich kam ja im Alltag zu recht, und Fitness-Studios mochte ich ohnehin noch nie.
Mittlerweile liegt der Fall etwa 2,5 Jahre zurück. Wenn ich Bouldern gehe spüre ich meinen unteren Rücken danach, und merke, dass da noch nicht alles 100% in Ordnung ist, aber ich bin mir recht sicher, dass auch das mit der Zeit noch besser werden wird. Manchmal spüre ich bei längeren Spaziergängen noch dieses Ziehen ins Bein, aber es ist immer nurz eine kurze Sache, die dann wieder verschwindet. Aktiv dagegen/dafür gemacht habe ich fast nichts, abgesehen von den wenigen Physiotherapie/Yoga-Übungen – die letzte liegt bestimmt ein Jahr zurück. Zugegeben, ich bin seit einem Dreivierteljahr nur noch zwei mal statt drei mal die Woche im Büro, und sitze somit weniger als in den Jahren davor, das mag sicherlich ein begünstigender Faktor sein, aber davon abgesehen hat mein Körper offenbar tatsächlich einfach viel Zeit braucht, um den ausgetretenen Teil der Bandscheibe zu resorbieren!
Natürlich muss jeder seinen eigenen Weg finden, und bei jedem mag sich so eine Sache ein wenig anders darstellen, aber meine Erfahrung ist, wie so oft im Leben: Habe einfach Geduld, Dein Körper macht das schon!